So, ein ganzer Tag Venedig liegt vor mir mit all den Möglichkeiten. Die Entscheidung, was ich tun möchte, fällt mir leicht.
Normaletweise such ich mir zu meinen Reisezielen passende Lektüren: In Cornwall lese ich bonbonfarbene Bücher mit Titeln wie ‚The little bakery on the beach‘, auf den Hebriden die spannende Trilogie von Peter May ‚Blackhouse‘, in Shetland Anne Cleves und in Island tolle Romane von Autorinnen die mit – dottir enden und beispielsweise ‚Die Eismalerin‘ heißen. Dementsprechend lese ich gerade von Luca di Fulvio: Das Mädchen, das den Himmel berührte. Das Buch ist schon seit dem letzten Venedigbesuch auf dem Kindle, aber erst jetzt lese ich es.
Es ist ein historischer Roman, der die Problematik zwischen den Christen und Juden in der Frühen Neuzeit aufgreift, die schließlich zum ersten Ghetto geführt hat. Der Auto ist an diesem Nebenkanal aufgewachsen und hat sich die Geschichte während des Aus dem Fenster-Guckens ausgedacht. Genau mein Fall!
Und so bringt mich das Vaporetto dorthin. Ich mag das Jüdische Stadtviertel sehr gerne, es liegt an einem größeren und belebten Seitenkanal; wenn man durch die engen Tore tritt, befindet man sich in einem Labyrinth mit langen engen Gängen, welche zu einem größeren Platz führen. Dort findet man die Synagoge und das Jüdische Museum (beides sehr empfehlenswert). Angeschrieben ist es sehr unauffällig,
denn noch immer können Juden in Europa nicht sicher leben. Es macht mich traurig, dass auch hier das Polizeihäuschen wieder besetzt ist. Im 21.Jahrhundert eines aufgeklärten Europas!!!!
Wenn man sich aktuelle Diskussionen und Politiker anschaut, glaube ich fast, dass wir nichts aus der Vergangenheit gelernt haben und das Wort Nächstenliebe im so oft genannten ‚christlichen Wertesystem‘ gestrichen wurde. 😦😧😳
Aber ich schweife ab, zurück zu Venedig. Die Hauptperson des Romans lebt hier und beschreibt das beklemmende Gefühl, wenn das Ghetto abends abgeriegelt wird. Das kann man gut nachempfinden.
Ein Mahnmal listet alle Juden aus Venedig auf, die während des 2.Weltkriegs deportiert wurden.
Ich sitze ein bisschen auf dem Platz und lese im Buch weiter.
Danach folge ich der männlichen Hauptfigur nach Murano, was damals eine ’stinkende Insel für die Armen war, von den Reichen der Serenissima vergessen‘. Heute ist es das Glasbläser-Eldorado und ich schaue mir die verschiedenen Figuren an.
Wieder sitze ich auf einem Platz und genieße Sonne und Lektüre.
Danach fahre ich zurück auf meine Insel Guidecca und bin hier noch ein bisschen am Wasser.
Dann mache mich für den Abend fertig.
Um 19 Uhr treffe ich mich mit Margot und David vom Lundy – Camp. Sie starten am Samstag einen Fahrradurlaub und sind jetzt schon da, um Venedig zu erkunden.
Bei Pizza, Spritz und Erzählungen geht der Abend leider viel zu schnell vorbei.
Sonnenuntergang im Spritz-Glas (an dem Piepser war eine grüne Olive)
So schön. Ich mag es auch Bücher zu lesen von der Gegend in der man grad ist. Einmal las ich in England ein Buch in dem der Mord an Beckett beschrieben wurde (erstochen in ner Kirche) – und dann stolpere ich am nächsten Tag durch Zufall über eine Replika des Dolchs. Da hätte ich nicht besser planen können.
LikeGefällt 2 Personen
Das liebe ich auch, man ist ganz anders „drin“ im Buch 😁
Umso mehr ärgern mich dann Filme, die komplett falsch sind, was Lage und Entfernung angeht. Z.B. „mal kurz mit dem Auto von Cornwall nach London und zurück“. 🙈
LikeGefällt 2 Personen