‚www.brittabastelt.com‘

Nachdem meine Seite zu einer ‚Britta erkundet per Auto‚ geworden ist, wird sie nur für den heutigen Tag (versprochen!) zur Handarbeitsecke!  

Ich kämpfe nun seit zwei Tagen mit den Bildern….ich hab aufgegeben….ihr müsst leider ’schief gucken‘.

Was auf den ersten Blick nichts mit den Northern Isles zu tun hat, hat auf den zweiten Blick absolut viel damit zu tun.

Denn sowohl auf Orkney als auch auf Shetland steht das Handcrafting ganz oben auf der Kulturliste!

Diese umwerfende Landschaft hier auf Shetland und die geschichtliche Tradition auf Orkney ziehen Künstler magisch an, sie holen sich hier die Inspiration, die sie brauchen, um so wunderschöne Dinge zu kreieren.

Wie ich schon erwähnte, war für mich als ‚Handarbeitstante‘ der ‚Craft fair‘ mein erstes Ziel hier. Ich bin extra deswegen einen Tag früher angereist, um die Künstler zu erleben und mich mit ihnen zu unterhalten. Denn das war auf Orkney so spannend, dass ich auch hier aus erster Hand erfahren wollte, welche Gedanken hinter den Kunstwerken stecken.

Es ist schwer, eine Rangliste der Kunsthandwerke zu machen, diese Reihenfolge ist beliebig:

  • Juweliere

Dank dem Craft-Trail-Prospekt kann man auf beiden Inseln die Künstler in ihrem Atelier besuchen (bei manchen muss man vorher kurz anrufen und einen Termin ausmachen). Während man ihnen bei der Arbeit zusieht, erklären sie, was sie machen, welches Material sie benutzen und woher sie ihre Ideen haben. Eindeutig sind Wikinger-Motive und keltische Muster eine Quelle.  

Die Schmuckstücke, die entstehen, sind nichts für zarte und edle Damen, sondern für bodenständige und naturverbundene Frauen. Es sind wunderschöne Dinge dabei, die aber auch dementsprechend kosten! 

  • Töpferei

Schon bei dem „wahren Harray Potter‘ auf Orkney war es genial, seine Werkstatt zu durchstöbern. Da war nichts sauber und aufgeräumt, sondern dort wird mit Ton gearbeitet, und das jeden Tag. Es gibt alles mögliche wie Tontiere, Kerzenhalter, Vogelbäder usw. Aber auch ganze Geschirr-Kollektionen, die historisch inspiriert sind: Wikinger, Kelten, Orkney, Antike usw. Sehr spannend, die Unterschiede im direkten Vergleich zu sehen.

Hier auf Shetland war ich aber noch ‚aktiver im Geschehen‘: vor einigen Tagen saß ich vier Stunden lang in einer Pottery und habe verschiedene Dinge bemalt und glasiert. Es hat so einen Spaß gemacht!!!!! Wie schön war es, bei dem Sturm im Warmen zu sitzen und ganz künstlerisch den Pinsel zu schwingen. 

Diese Bilder sind nicht nur schief, sondern auch mit dem Handy vom Fotoapparat abfotografiert, da der Akku des Handys leer war.  Ja, ich weiß, ich bin furchtbar mit technischen Dingen 😯😦😳!

Die Besitzerin und ich haben munter über Gott, die Welt und den Berliner Marathon geplaudert und die Zeit verging wie im Flug. Sie wird nun alles brennen und am Tag meiner Abreise darf ich die Teile abholen: hoffentlich in Metern von Bubble – Wrap eingepackt, nicht dass ich zuhause ‚doppelt‘ so viele Teile habe. 

  • Strickware

Der Export-Schlager Shetlands: das berühmte ‚Fair Isle-Muster‘, das man in jedem Pulli, in Mützen, Stirnbändern, Schals und Handschuhen sieht. Es schaut wahnsinnig kompliziert und aufwändig aus mit den ganzen Farbwechseln. In jedem Museum findet man Steickanleitungen und Video-Turorials.

 Auf dem Craft-fair saßen ältere Damen hinter ihrem Stand und die Wolle floss scheinbar mühelos zwischen ihren Fingern entlang. Hier strickt man übrigens nicht den sogenannten ‚continental style‘, der Lauffaden wird nicht um den Zeigefinger gewickelt. Das macht bei den vielen Farbwechseln auch Sinn! Ich habe mich ausführlich in zwei Wollläden beraten lassen und mich schließlich für zwei Muster entschieden, die ich hier probieren will: einen Schal zum Einarbeiten und ein ‚originales‘ Muster. Das schaut komplett nicht nach Fair Isle aus, aber die Besitzerin des Ladens hat mir versichert, dass es authentisch sei. Wahrscheinlich hat sie mir das ‚So werde ich den Touri los‘-Muster verkauft 😂. Naja, und so kam es, dass ich in Shetland mit Wolle aus Shetland 

 ein Muster aus Shetland, das ‚Puffin‘ heißt, stricke. So sieht es aus:

Erinnert tatsächlich wage an einen Puffin 😀 .

Hier der Versuch, schwierigere Muster nachzuahmen. 

Das Stricken an sich ist gar nicht schwer, die Herausforderung liegt darin, sich nicht in den vielen Fäden zu verheddern oder zu erwürgen!

  • Der Burra – Bär

Den süßen Gesellen habe ich schon im Ladenschaufenster auf der Fähre gesehen. Eine Frau auf Burra näht diese Tierchen aus ‚alten‘ Fair-Isle-Pullis. Sind die nicht goldig? 

  • Webware

Ich hab schon in Orkney bei meiner Shetland-Recherche diese wunderschönen gewebten Muster entdeckt. 

Und noch viel besser: Emma von aamos – Design!  Sie ist ungefähr so alt wie ich (mich fühle – also jünger😉), hat ein kleines Kind und designt in ihrem Atelier auf Burra. Sie bietet Halbtages- und Tageskurse an, und genau so einen hab ich bereits von Orkney aus gebucht! 

Den ganzen Tag habe ich mit Emma am Webstuhl verbracht und es hatte nur ganz wenig mit meinem Webrahmen zu tun, den ich als Kind hatte. Die Technik, die dahintersteckt, ist zum Verzweifeln kompliziert und man braucht die Geduld eines Heiligen (ähm….verzweifeln kann ich schnell, ausdauernd und sehr theatralisch; geduldig sein…nicht😡). Aber dank der Hilfe von Emma, die mit Rat und Tat zur Seite stand, wurde alles prima. Und natürlich ist auch der Laptop involviert. An dem hat Emma die Muster designt und das Programm dann mit dem Webstuhl verbunden: Die Fäden werden automatisch richtig angeordnet. Emma hatte den Schal gestern Abend in Rosa und Grau ‚aufgesetzt‘, was rund eine Stunde dauerte; ich durfte mich heute dransetzen, Farben wählen und loslegen. In den sechs Stunden habe ich 1,5m geschafft. Ganz fehlerfrei ist es nicht geworden, aber für das erste Mal bin ich mehr als zufrieden.

Das Ergebnis:

Liebes Christkind, ich hätte gerne bitte unbedingt einen Webstuhl, denn das Weben macht riesigen Spaß!!!!! 

Und was jetzt wirklich lächerlich klingt: Ich werde morgen (bisschen schon heute 🙈) 1000 prozentig einen Muskelkater haben. Die Pedale gingen nicht so leicht zu bedienen und der Kamm auch nicht…..ich bin halt die letzten Wochen verweichlicht 😯.

Kirkwall

Irgendwie hat es gedauert, bis ich mit dieser Stadt etwas warm geworden bin. Ganz überzeugt hat sie mich immer noch nicht.

Woran liegt es? 

– Vielleicht liegt es am Hostel, das zwar ganz okay ist, aber mehr auch nicht. Die Lage am Fährhafen und der Hauptstraße ist laut und man hört den ganzen Tag und die halbe Nacht, wie Fähren beladen werden und es piept immer, sobald ein Gefährt rückwärts fährt. Die Stadt hört sich wie ein Industriegebiet an.

– Vielleicht liegt es daran, dass die Leute hier nicht so ‚inselmäßig‘ sind. Man spürt keinen Unterschied zwischen einer Stadt im Mainland und hier. Mal einen Plausch im Laden, aber da muss man schon gezielt Fragen stellen. In Stornoway ist das anders.

– Die Souvenir-Läden und Cafés verlangen astronomisch hohe Preise. 4£ für einen Latte? Das ist Wucher. Vielleicht ist das die Folge der (Kreuzfahrt)Tourismus-Industrie?

Ich habe überall nachgefragt, wie sie die Kreuzfahrer und Touristen (es gibt Organisationen, die Orkney-Tagestouren von Edinburgh aus anbieten…..völliger Wahnsinn!) empfinden,  die hier für einen Tag einfallen, manchmal bis zu 4000 auf einmal. Der Mann bei Skara Brae sagte, dass sie einen geschäftigen Sommer hatten, was gut für Finanzen und kommende Projekte ist, aber die Individualtouristen bleiben eher weg. Der Guide in Maeshowe berichtete ähnliches, allerdings muss man sich hier anmelden und wenn die Touren voll sind, kommen auch nicht mehr Besucher; aber die Touren von Mai bis September sind immer ausgebucht! Der Ring of Brodgar musste eingezäunt werden und außenherum sind nun Sperrbänder, da der Boden aufgrund der hohen Besucherzahlen nur noch ein Schlammloch ist. Ein Schild fleht: Die Steine stehen nun schon so lange da, bitte verhalten Sie sich umsichtig, damit sie auch noch länger stehen bleiben. Die kleinen Craft – Shops in der Stadt sagen, dass recht wenig der Kreuzfahrer nach Kirkwall kommen und die heimische Wirtschaft fördern. Warum sollten sie hier essen und trinken, wenn es auf dem Schiff all inclusive ist? Die vielen Crafter (Juweliere, Wollarbeiter, Töpfer und Drechsler) haben sich zusammengeschlossen und einen Laden in der Innenstadt gemietet. Dort kann man alle Produkte, die man in ihren Ateliers auf den Inseln verstreut besichtigen kann, kaufen. Tolle Sache, dass es diese Vereinigung gibt; ich fand es allerdings total spannend, die Künstler zu besuchen und ihnen live bei der Arbeit zuzusehen. Ich verstehe nun besser, welche Gedanken beim Designen dahinterstecken und man kann den Arbeitsprozess und damit auch den Endpreis besser einschätzen.          Fazit: Die Bewohner haben wenig vom groß augebauten Hafen, die geschichtlichen Attraktionen mit Eintritt werden reich, die ohne langsam aber sicher zerstört. Folge: Auch hier wird man bald zahlen müssen.

– Aber es gibt auch Glanzpunkte. Die St. Magnus Cathedral ist wunder-, wunderschön. Besonders ist, dass die Säulen innen nicht verputzt sind, man sieht jeden einzelnen Stein, der das Gebäude trägt. Leider hab ich nur Fotos von außen.

– Schöne Ruinen erinnern an den Glanz früherer Tage.

– Das Orkney Museum zeigt wunderbar die Geschichte der Insel und man kann sich hier Stunden aufhalten. Ausstellungen gibt es auch; ich habe die Fotos einer Art-Performance einer jungen Frau gesehen, die den St Magnus Stein (35kg) auf einem Wagen durch Norwegen gezogen hat. Der Stein hat zwei Fußabdrücke des Heiligen und Menschen,  die ihr begegneten durften sich daraufstellen. Der Stein heißt  Magnus-boat und hat vor Jahrhunderten die Reise von Norwegen nach Orkney schon mal gemacht. Tolle Aktion!

– Das Ba‘ – Game. An Weihnachten und Silvester kämpfen die Männer Orkneys um einen Ball. Der wird am Marktplatz in die Menge geworfen und dann muss er zu einem Zielpunkt gebracht werden. Es ist alles erlaubt: werfen, kicken, unterm Pulli verstecken. Sobald man den Ball hat, stürzen sich ca 200 Männer auf einen. Es kam schon vor, dass Spieler wie Zuschauer ins Hafenbecken geplumpst sind, ein Hotel verwüstet wurde, als der mit dem Ball hineingeraten ist und alle hinterher und einmal ging der Ball sogar ganz verloren….man hat ihn nicht mehr gefunden. Im Jahr 1946 hat eine Frau gewonnen, da viele Männer noch nicht aus dem Krieg zurück waren, durften die Frauen mal spielen. Noch heute werden alle Fenster und Türen in der Innenstadt verbarrikadiert. Dieses Spiel macht Kirkwall sympathischer. 

Kirkwall alleine ist keine Reise wert, aber bei einem Orkney-Besuch sollte man mindestens einen halben Tag einplanen.😊

Nachtrag: Der letzte Abend hier war so schön, dass ich nun doch mit einem positiveren Gefühl abreise. Mit meiner Zimmernachbarin war ich noch in zwei Pubs auf einen Abschiedstrunk (der aufgrund der Fährfahrt bei mir aus alkoholfreiem Gingerbeer bestand. Angeblich haben schon die Wikinger gegen Seekrankheit auf Ingwer gekaut. Jetzt kann nichts mehr schief gehen😉). Der zweite Pubbesitzer war richtig lustig und die Musiker der Session sehr talentiert. Die Songauswahl war perfekt, eine Mischung aus bekannten und unbekannten Jigs/Reels und humorvollen toll vorgetragenen Liedern. Leider mussten wir schon früher gehen, weil der Check-in meiner Fähre um 23.15 Uhr endet. Schiff ahoi!!!!!! 

Nachtrag 2: Das mit dem Ingwer ist eine GLATTE LÜGE! 😳😵😷